Warum schenken wir runden Geburtstagen besondere Aufmerksamkeit? Oft leben und arbeiten wir, ohne kurz zu stoppen und nachzudenken. Pausenlos. Bis atemlos. Ein rundes Datum lässt uns kurz anhalten und zurückblicken. Reflektieren. Über unsere Fehler und daraus entstandene Chancen nachdenken. Auch wenn wir bei mindmatters nichts von Crunch Mode in unserer alltäglichen Arbeit halten, hat uns das 20-jährige Jubiläum dazu bewogen, eine extra Pause einzulegen, um zurück und nach vorne zu blicken. Dafür habe ich mit Tim und Frank gesprochen.
2002 … Oder noch ein paar Jahre davor lernen sich Frank, Thomas, Andreas und Wolfgang bei einem Softwareentwicklungsprojekt kennen. Drei davon sind Softwareentwickler. Außer Wolfgang, dem Quereinsteiger, der sich mit Webdesign beschäftigte. Schnell merkten alle vier, dass die Bedingungen nicht gut waren, wie die Software entwickelt wird und sie es besser machen wollen.
Der Begriff „Agilität“ stand noch in seinen Anfängen, das agile Manifest war vor gerade einem Jahr verfasst worden, aber es gab bereits die Bewegung, leichtgewichtige Prozesse zu verwenden, auf User-Feedback zu achten und zu schauen, ob das entwickelte Produkt überhaupt benutzt wird.
2002 entsteht dann mindmatters mit vier Gründern. Davon ist heute nur Frank dabei. So wie in jeder Beziehung entwickeln sich Interessen manchmal weiter. Es entstehen aber eben auch neue Beziehungen und so ist Tim seit 2018 als Geschäftsführer und Gesellschafter dabei, sieben Jahre nachdem seine Beziehung mit mindmatters eigentlich im Bereich Sales und Agile Coaching begann und sich dann zunehmend auf die Schwerpunkte Facilitation, Organisationsentwicklung und Strategie verlagerte.
Und das steht irgendwie auch sinnbildlich für mindmatters. No titles, just roles. Als kollegial geführtes Unternehmen gibt es die Geschäftsführerrolle im praktischen Alltag von mindmatters nicht. Die Geschäftsführerrolle wird formal besetzt, weil jedes Unternehmen in Deutschland einen Geschäftsführer aus Haftungsgründen benötigt. Aus der Rolle heraus resultieren keine weiteren Kompetenzen. Tim und Frank arbeiten heute zusammen mit den Kolleg*innen daran, mindmatters nachhaltig zu einem kollegial geführten Unternehmen zu formen und beschäftigen sich zudem mit vielen Fragen rund um den Kern von mindmatters: Was bedeutet Softwareentwicklung? Was bedeutet Agilität? Wie arbeitet man gut zusammen? Wie kann man Teams begleiten, die selbstorganisiert tolle Ergebnisse erzielen?
Die Idee hinter der Gründung von mindmatters war, Software in angemessener Form und unter Bedingungen zu entwickeln, sodass die Software dann auch später echte Probleme löst und von den Usern wirklich benutzt wird. Das heißt für mindmatters konsequent agil zu entwickeln.
Aber wenn ein Unternehmen wächst, stellt sich die Frage, wie die Organisation neu gestaltet werden soll.
In diesem Fall: Neue Ebenen einziehen und Manager an Franks Seite stellen? Oder einen anderen Weg gehen? Die Entscheidung war am Ende, das Unternehmen kollegial geführt zu organisieren. Zumal dank den selbstorganisierten Teams bei der Softwareentwicklung viel Erfahrung im Bereich Selbstorganisation bereits vorhanden war.
Inzwischen ist mindmatters ein dezentralisiertes Unternehmen mit Kolleg*innen verteilt in ganz Deutschland - mindmatters entwickelt Software in Hamburg, Berlin, Hof, Leipzig, Kaiserslautern und Lindlar.
Wer sich an dieser Stelle übrigens fragt, was hinter dem Namen mindmatters steckt: Co-Gründer Wolfgang hat früher in einer Kirchenband gespielt. Einmal kam ein Bandmitglied zum Proben und trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck “mind matters”. In diesem Moment hat Wolfgang entschieden, dass wenn er mal eine Firma gründen würde, diese mindmatters heißen soll. The rest is history.
Es gab übrigens auch einmal den mindmatters Standort London. Das war circa 2011 / 2012. Den Standort gab es nicht lange, weil er nicht erfolgreich war. Der Fehler war, das Mindset und die Arbeitsweise von Hamburg eins zu eins auf London übertragen zu wollen. Dabei mussten die Gründer feststellen, dass die Unternehmenskultur nicht einfach nachgemacht werden kann. Weil diese sehr stark von der Haltung aller Kolleg*innen abhängt und nicht einfach kopierbar ist.
Eine Zusammenarbeit kann nur funktionieren, wenn Alignment da ist. Dazu kam aber auch noch das Henne-Ei-Problem: Einerseits hatte man Schwierigkeiten, passende Softwareentwickler zu rekrutieren, andererseits Kunden zu akquirieren.
Deswegen, auch wenn London damals einer der größten Startup-Hubs war, hat man die Gründung eines neuen (ausländischen) Standorts sehr unterschätzt. 10 Jahre später ist mindmatters sehr stark dezentralisiert und hat die Möglichkeit, auch außerhalb von Hamburg zu rekrutieren. Über ganz über Deutschland - und wenn eine Workation ansteht, auch Europa - verteilt funktioniert es mit den Kolleg*innen gut.
In den letzten 10 Jahren hat mindmatters die gesamte Unternehmenskultur neu gedacht und sich in Richtung kollegial geführtes Unternehmen entwickelt. Aus den Projekten konnten die Teams ihre Erfahrungen mitnehmen, konsequent in Richtung Sinnhaftigkeit selbst organisierter Strukturen zu bewegen.
Es wurden nicht nur die Freiräume und Gestaltungsräume im Unternehmen neu geschaffen, sondern die Kolleg*innen haben das Interesse, sich einzubringen.
Es war ein langer Prozess: Vor allem seit 2017 wurde viel Zeit in die Transformation zum kollegial geführten Unternehmen investiert und vieles gemeinsam ausprobiert. Nach großen Anfangsschwierigkeiten mussten sowohl die Inhaber als auch die Kolleg*innen erstmal verstehen, was ein kollegial geführtes Unternehmen in der Praxis bedeutet: Wie sie es etwa schaffen, bestimmte Dinge und unternehmenskritische Aspekte als Inhaber abzugeben und gleichzeitig den Kolleg*innen die Möglichkeit zu geben, diese aufzunehmen und damit was zu tun. Mittlerweile interessieren sich potenziell neue Kolleg*innen für mindmatters, weil es ein mitarbeitergeführtes Unternehmen ist. Sie wollen Verantwortung übernehmen, wie Arbeit für sie sinnvoll organisiert werden kann.
mindmatters hat seinen 20. Geburtstag übrigens mit einem großen Sommerfest begangen. Das war keine repräsentative Veranstaltung mit Werbecharakter, sondern eine Art Klassentreff: Mit dem aktuellen Team, unseren Familien, ehemaligen Kolleg*innen und vielen langjährigen Weggefährten.
Ein Fest mit Menschen, die einen Bezug zu mindmatters haben und mit denen man auch so gern etwas trinken gehen möchte. So ergab sich eine ganz besondere Mischung, die 20 Jahren mindmatters wahrscheinlich auch am ehesten gerecht wird: Man sieht Leute wieder, mit denen man viel Zeit teilt und geteilt hat. An einem Ort kamen Menschen aus jeder Phase in 20 Jahren mindmatters zusammen: Kolleg*innen, die ganz am Anfang bei mindmatters dabei waren und Kolleg*innen, die sogar erst noch bei mindmatters starten werden. Kolleg*innen, Kund*innen oder Kinder und Partner*innen - alles hat sich organisch und harmonisch zusammengefügt. Es herrschte eine Art Zugehörigkeitsgefühl, das über die Firma hinaus, in Richtung geteilte Werte, geteilte Sicht auf das Leben und die Arbeit geht.
Zurückblickend auf 20 Jahre mindmatters waren es Jahre in wechselnder Besetzung in allen Rollen, auch Frank und Tim sind als Inhaber nur ein Teil davon. Als Inhaber eines kollegial geführten Unternehmen legen sie Wert darauf, mindmatters als Ganzes in den Vordergrund zu stellen, mit allen dazugehörigen Menschen.
„Wie eine alte Theaterweisheit besagt: Den König spielen immer die anderen.”
Als kreativer Kopf mit Leidenschaft für Bildung und Medien bin ich bei mindmatters für Sales und Marketing verantwortlich. Außerdem beschäftige ich mich mit Themen wie Mental Health, Glücksempfinden sowie Motivation von hybriden und remote Teams.